Nachdem es sich Blizzard bei vielen Fans in den letzten Jahren ja in Bezug auf Prioritäten und gewisse andere Firmenentscheidungen recht ordentlich verschissen hatte, war da einiges wiedergutzumachen. Aber was soll ich sagen? Die Diablo-Reihe ist einfach eine meiner ältesten Spieleleidenschaften, da macht man auch mal irrationale Dinge. Bei Diablo III stand ich damals zum Mitternachtsverkauf in einer Schlange, dieses Mal könnte ich sogar bereit sein, einem Unternehmen wie Blizzard noch eine Chance zu geben… Mit der offenen Beta zu Diablo IV ging man jetzt auf jeden Fall einen Schritt in die richtige Richtung.

Das ließ ich mir natürlich nicht entgehen und berichte im Folgenden über meine Eindrücke nach mehreren Stunden Spielzeit, in denen ich alle Charakterklassen bis mindestens Level 10 angespielt habe.

Wie viel Beta steckte drin?

Ich muss sagen: Erfreulich wenig. Ein paar offensichtliche Bugs waren zwar noch drin – vor allem das „zurücksetzen“ und verruckeln des Spielers beim Betreten und Verlassen von Dörfern aufgrund der Synchronisierung der verschiedenen Weltinstanzen war etwas nervig, aber bis zum Veröffentlichungstermin ist es ja auch noch ein bisschen hin. Vom gegeben Umfang her hatte man jedenfalls reichlich auszuprobieren: Spielbar war eigentlich der komplette erste Akt und das Levelcap von 25 war definitiv ausreichend, um sich einen Eindruck vom Gameplay zu machen und auch mehrere Builds der Charakterklassen auszuprobieren. Noch nicht zugänglich waren das PvP und die Reittiere, auf die ich doch irgendwie gespannt bin: Dadurch dass ja die Monster inzwischen nachspawnen, weil die Welt mit allen Spielern geteilt wird, war mir bislang nie langweilig genug, als dass ich tatsächlich eine schnellere Fortbewegungsart vermisst hätte. (Aber klar, da kann man natürlich wieder viel Kosmetik an die Idioten Spieler verticken…)

Die MMORPGisierung Sanktuarios

Eine der gravierendsten Veränderungen am bewährten Diablo-Gameplay ist zweifelsohne die „shared world„: Insbesondere in den Dörfern begegnen einem andere Spieler und auch in den Außenbereichen können sie einem über den Weg laufen, wenn auch in geringerem Ausmaß aufgrund verschiedener Instanzen der einzelnen Abschnitte. Alleine in den riesigen Dungeons, die nun auch noch von kleineren „Kellern“ ergänzt werden, hat man seine Ruhe vor ungebetenen Begleitern. Denn ja, ich gebe es offen zu: Ich hasse alles daran. Ich bin einfach kein Freund von MMOs, auch wenn ich jüngst mal ein paar Stunden in Elder Scrolls Online (ESO) reingeschnuppert habe. Zum Ende der Beta hin, konnte ich mich zwar einigermaßen mit der Anwesenheit anderer Spieler arrangieren, aber meine Immersion stört es trotzdem massiv und wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich lieber darauf verzichten. Ein wirklicher deal breaker ist es für mich allenfalls bedingt, aber darauf werde ich im Fazit näher eingehen.

Aber da hört es ja leider nicht auf mit den Anleihen… Insgesamt wirkt das Spielerlebnis sehr „gestreamlined“, damit auch neue Spieler einen schnellen Zugang finden können, auch wenn das bedeutet auf vormals typische Diablo-Elemente zu verzichten. Mit dem Fehlen von Schriftrollen und „richtigen“ Trankplätzen im Inventar konnte ich eigentlich gut leben, als ausgesprochen skurril ist mir allerdings die Quest in Erinnerung geblieben, in der ich wortwörtlich einem Haufen Rekruten applaudieren sollte. Selbst wenn ich mal annehme, dass die Aufgabe dazu dienen sollte, dem Spieler das Emote-System irgendwie näherzubringen: Sowas ist für mich einfach nur diablountypischer Müll. Auch waren mir viele Begegnungen auf der Weltkarte und auch die meisten Dungeons irgendwie mit allen Charakterklassen zu leicht, aber womöglich bin ich auch einfach vergleichsweise alt und von Action-RPGs noch andere Schwierigkeitsgrade gewohnt, gegen die die meisten Soulslikes wie Sandkastenspiele wirken… (Ich hoffe trotzdem darauf, dass man da bis zum Release noch ein bisschen nachbessern wird.)

Gameplay und Charakterklassen

Aber wie spielte es sich denn nun?! Zumindest in der Hinsicht scheint es sich um ein waschechtes Diablo zu handeln. Man schnetzelte sich flüssig durch abwechslungsreiche Gegenden mit zerstörbarem Inventar und allerlei kleinen und großen Truhen, die es zu öffnen galt. Die Gegnerhorden fielen zwar manchmal ein bisschen kläglich im Umfang aus, die auf der Karte verteilten Events oder die Befreiungen von Dörfern machten das aber weitestgehend wieder wett und der Abwechslungsreichtum an Gegnertypen sorgte dafür, dass einem nicht allzu schnell langweilig wurde. Auch die Charakterklassen boten reichlich Gestaltungsraum, um sich mit unterschiedlichen Skills unterschiedliche Spielstile zu eigen zu machen.

Jäger*in

Meine erste Wahl und die Charakterklasse, mit der ich bis zum Maximallevel 25 der Beta durchgestartet bin. Meine Skills fokussierte ich auf den Fernkampf und einige Fallentechniken. Reinrennen, Falle stellen, rausspringen, draufhalten. Im Vergleich zu den anderen Klassen, war es hier tatsächlich einigermaßen erforderlich, Skills miteinander zu verknüpfen. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass ich bei keiner anderen Klasse die Finger so konzentriert an den Tasten belassen musste. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, muss jeder für sich entscheiden, Spaß hat es mir auf alle Fälle gemacht.

Zauber*in

Ach ja, die Zauberin, meine alte Liebe seit Diablo II. Solider Fertigkeitenbaum mit Feuer-, Eis- und Blitz-Skills. Spielte sich ziemlich genau wie erwartet und machte einfach richtig viel Spaß. Auch dass es einen passiven Skill gibt, der sich wortwörtlich „Glaskanone“ nennt und den ausgeteilt Schaden erhöht während er den Charakter gleichzeitig anfälliger für Schaden macht, passt wie die Faust aufs Auge. Manche Fähigkeiten erschienen mir bei Mobs fast etwas OP (der Kettenblitz zum Beispiel), glichen sich aber in anderen Spielsituationen (etwa mit Elite-Gegnern oder Bossen) aber auch wieder etwas aus.

Barbar*in

Naja, die Barbarenklasse bot einem genau das, was man erwarten würde: Viele Muskeln, wenig Hirn. Und genau so spielte sie sich auch. Es ist vermutlich die Klasse, mit der ich am wenigsten Zeit verbracht habe, weil mich wirklich kaum etwas an diesem Gameplay reizt und zugleich die, die man vermutlich auch nur mit der Maus spielen kann. Ich habe jedenfalls selten mehr einsetzen müssen, als die beiden Fähigkeiten, die man normalerweise auf den beiden Mausbuttons liegen hat. (Ok, das mag jetzt vermutlich etwas verkürzt dargestellt sein, und ich vermute, dass das vollständige Spiel da noch ein paar mehr Finessen bieten wird, was die Herausbildung von Spezialisierungen etwa auf die unterschiedlichen Waffenklassen bieten wird. Diese sind immerhin schon angelegt, aber angesichts des Levelcap noch nicht ausreizbar gewesen.)

Druid*in

Mjoa, hier bin ich noch etwas unentschieden. Auf der einen Seite fanden sich hier durchaus interessante Konzepte, auf der anderen waren mir einige Skills auch etwas zu nahe an der Zauberer-Klasse angelehnt. Überhaupt erscheint mir die Klasse wie ein Mashup aus Barbar und Zauberer mit den tankigen Tierverwandlungen und den regulären Zaubersprüchen. Da werde ich mir zu einem anderen Zeitpunkt ein genaueres Bild machen müssen.

Totenbeschwörer*in

Holy fuck, war das Balancing vom Totenbeschwörer broken! Jede Minute Spielzeit fühlte sich an, als würde man irgendwie cheaten, so overpowered war diese Klasse in der Beta. Das hat bei Diablo zwar eine gewisse Tradition, aber ich vermute – oder hoffe – dennoch, dass da bis zum Release noch ein bisschen generfed werden wird. (Spaß machte das heillose Gemetzel ohne Rücksicht auf Verluste natürlich trotzdem ohne Ende und ich bereue keine Sekunde, keine Leichenexplosion und keinen Sensenhieb!) 

Fazit

Schwierig. Das Spiel sieht wirklich, wirklich, wirklich hübsch und hübsch düster aus. Das Sounddesign ist so atemberaubend wie die allgemeine Detailverliebtheit und ich weiß wirklich nicht, ob ich jemals so hübschen Schnee in einem Videospiel gesehen habe. Das Gameplay macht Spaß, gar keine Frage. Aber ob es genug Spaß macht, um dafür im günstigsten Falle 70€ rauszuhauen, weiß ich gerade echt nicht. Derzeit bin ich natürlich angefixt und würde am Liebsten gleich weiterspielen, insgesamt tendiere ich aber doch eher dazu, auf die ersten vergünstigten Angebote zu warten… Auch und gerade weil ich die Selbstverständlichkeit, mit der man inzwischen PC-Spiele zu Konsolenpreisen anbietet, mehr als fragwürdig finde und ich mich kaum entsinnen kann, wann ich zuletzt einen Vollpreistitel gekauft habe. Ich vermute es war damals um Mitternacht – bei Diablo III. Mal sehen, ob sich dieser Kreis im Juni schließen wird.